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Einführung von E-Scooter Sharing in Städten: Erfahrungen und Handlungsempfehlungen
Jon Glasco09. Juli 202017 min read

E-Scooter Sharing: Zwischen Innovation und Kontroverse

In ihrem Bestreben, bahnbrechende Technologien und zukunftsweisende Plattformen zu schaffen, treffen Innovatoren manchmal auf einen etablierten (und vielleicht untauglichen) Regulierungs- und politischen Entscheidungsweg. In einem früheren Artikel über E-Scooter als Modeerscheinung oder nachhaltige Mobilitätslösung für Städte haben wir berichtet, dass mangelnde Regulierung einen prekären Einstieg von E-Scooter Sharing-Anbietern in die städtischen Mobilitätsmärkte ermöglicht hat. Die E-Scooter Firmen stellten jedoch schon bald fest, dass Sicherheits- und Regulierungsfragen zu kontroversen Beziehungen mit Städten und Bürgern führten. In diesem Artikel behandeln wir die jüngsten Erfahrungen und Erkenntnisse der Implementierung von E-Scooter Sharing als Mobilitätslösung in Städten und zeigen den Bedarf an kollaborativen Lösungen auf.

E-Scooter-Sharing: Ein schwieriges Thema für Kommunen weltweit

In den frühen Tagen des E-Scooter-Sharing wurden Stadtverwaltungen durch die plötzliche Popularität dieser neuen Mobilitätsform genauso überrascht, wie durch die mit ihr einhergehenden Probleme. Insbesondere Fragen zu Risiken für Infrastruktur und Bürger traten vermehrt in den Vordergrund.  

Beispiel USA: In weniger als einem Jahr operierten E-Scooter Anbieter bereits in 65 Städten, was zu heftigen Reaktionen und Problemen führte. "Unternehmen wie Bird und Lime nahmen ohne behördliche Genehmigung oder Einwilligung in 43 Märkten ihre Tätigkeit auf. Mehrere Städte reagierten mit Unterlassungsanordnungen und Geldstrafen“. Allein in den USA mussten 2018 mehr als 1.500 Menschen wegen Verletzungen im Zusammenhang mit E-Rollern medizinisch behandelt werden.

Global gesehen waren zahlreiche Länder und Städte nicht in der Lage, die unerwarteten Probleme und Sicherheitsrisiken von Kick E-Scootern zu lösen. Daher beschlossen sie, die Nutzung bis zu einer gründlichen Evaluierung und Folgenabschätzung zu verbieten. In den vergangenen Monaten haben sich Strategien, Vorschriften und Regeln für E-Scooter in jedem Land und jeder Stadt weiterentwickelt.

Unternehmen wie DUCKT nehmen sich diesen mit der Mikromobilität einhergehenden Probleme an und bieten technologische Abhilfe, wie unter anderem eine Park- und Ladelösung der kleinen Flitzer.

Europas Resonanz auf das E-Scooter Sharing Angebot

In Europa reagierten nationale und lokale Behörden auf die Einführung von E-Scootern sehr unterschiedlich: von strikten Verboten bis hin zu individuellen Regeln und Vorschriften, die von Stadt zu Stadt variierten. Seit Juni 2019 sind E-Scooter-Sharing-Anbieter in Österreich, Belgien, Tschechien, Dänemark, Frankreich, Polen, Portugal, Spanien und der Schweiz tätig. Deutschland schloss sich dieser Liste im Juli 2019 an.

Regelwerk für Deutschland, Österreich und die Schweiz

In Wien sind zahlreiche E-Scooter Sharing Anbieter vertreten. Durch unsachgemäßen Umgang mit den E-Scootern, entwickelte die Stadt Wien ein 9-Punkte-Paket, welches seit April 2020 in der österreichischen Hauptstadt umgesetzt wird. Darunter fällt vor allem die bislang katastrophale Parksituation der E-Roller. E-Scooter dürfen nur noch auf dem Gehweg abgestellt werden, wenn dieser eine Mindestbreite von vier Metern aufweist und auch nur auf der zur Fahrbahn gerichteten Seite. Nicht vorschriftsgemäß abgestellte E-Scooter müssen innerhalb von zwei Stunden umgeparkt werden. Um der Lärmbelästigung durch E-Scooter vorzubeugen, dürfen geparkte E-Scooter seit April 2020 keine akustischen Ortungssignale mehr von sich geben. 

Für Fahrer gelten in Österreich folgende Verhaltensrichtlinien: 

  • Allgemeines Gefährdungsverbot: Fahrer von E-Scootern dürfen andere Verkehrsteilnehmer weder gefährden noch behindern. Dies gilt vor allem auf für E-Scooter freigegebenen Gehwegen und in Fußgängerzonen. In diesen Bereichen darf maximal Schrittgeschwindigkeit gefahren werden.
  • Fahren im Doppelpack: Das Fahren zu zweit auf dem E-Scooter ist im öffentlichen Straßenverkehr untersagt.
  • Smartphones während der Fahrt mit dem E-Scooter zu nutzen, ist ebenso wie beim Fahrrad- und Autofahren verboten. Das Telefonieren ist nur mit einer Freisprecheinrichtung gestattet.
  • Die  Promillegrenze richtet sich nach den Regelungen für Fahrradfahrer. Es gilt ein Grenzwert von maximal 0,8 Promille.
  • Das Mindestalter bei der Nutzung von E-Scootern liegt im öffentlichen Straßenverkehr bei 12 Jahren. Kinder von 9 bis 12 dürfen mit einem gültigen Fahrradausweis ebenfalls die E-Scooter nutzen. Alle anderen Gruppen müssen von einer Person über 16 Jahre begleitet werden. Ebenfalls gilt eine Helmpflicht für Kinder unter 12 Jahre.

E-Scooter in Deutschland - Ausstattungskriterien laut Verordnung

In Deutschland gelten fixe Kriterien für alle E-Scooter, die für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen werden dürfen. Es gilt eine Maximale Geschwindigkeit von 20 km/h und eine maximale Motorleistung von 500 Watt. Ebenfalls sind eine Lenk- und eine Haltestange, wie auch zwei voneinander souveräne Bremsen bei der Konstruktion Pflicht, um in Deutschland außerhalb von Privatanlagen zu fahren. Auch die Beleuchtung muss bei E-Scootern in Deutschland auf geltende Gesetze angepasst werden. Hier gilt eine weiße Leuchte für Vorderseite, eine rote Leuchte für die Hinterseite, wie auch seitliche Reflektoren, für die Erlaubnis zur Nutzung auf der Straße. Die Versicherungsplakette ist für jeden E-Scooter, der außerhalb von Privatplätzen fahren möchte, ebenfalls Pflicht. Das Fehlen dieser Versicherungsplakette kann ein Bußgeld von 80,00 Euro nach sich ziehen, wenn man den E-Scooter dennoch auf öffentlichen Wegen bedient. 

Diese Maßnahme wurde von Achim Berg, dem Präsidenten des Digitalverbandes Bitkom, begrüßt, da „E-Scooter eine ideale Ergänzung zur Nutzung von Bus und Bahn für die letzten Kilometer zum endgültigen Zielort sein können“ und somit den ÖPNV attraktiver machen. Der Bund Deutscher Radfahrer behauptet jedoch, dass die Zulassung von E-Scootern infrastrukturelle Belange nicht ausreichend berücksichtigt.

In Deutschland gelten für E-Scooter nach Angaben des ADAC folgende Regeln:

  • Das Fahren auf dem Gehweg ist nicht gestattet. Radwege und Fahrradstraßen sind mit dem E-Scooter zu nutzen. Wenn Fahrradwege fehlen, darf auf die Straße ausgewichen werden.
  • Fußgängerzonen und Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung sind, auch wenn für Fahrradfahrer frei, für E-Scooter verboten.
  • Das Fahren in der Gruppe nebeneinander ist nicht gestattet.
  • Das Mindestalter für die Nutzung von E-Scootern liegt bei 14 Jahren.
  • Für Fahrer von E-Scootern gilt der selbe Alkoholgrenzwert (bis 0,5 Promille) wie für Autofahrer. Für Nutzer unter 21 Jahren und Fahrer in der Probezeit gilt ein Alkoholgrenzwert von 0,0 Promille.
  • Für den E-Scooter gelten die selben Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVo), wie für Fahrrad- und Autofahrer.
  • Für den E-Scooter gelten die Lichtzeichen der Fahrradampel. Wenn keine vorhanden ist, sind die Ampeln für den regulären Kfz-Verkehr zu beachten.

E-Scooter in der Schweiz: Die selben Regeln wie für Velo-Fahrer

Elektro Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit  20 bzw. 25 km/h gelten in der Schweiz als Leicht-Motorfahrräder. Damit werden Sie rechtlich mit dem klassischen Velo gleichgestellt. Voraussetzung ist natürlich eine Straßenzulassung für den öffentlichen Straßenverkehr. Fussgängerzonen, in denen das Fahren eines Velo gestattet ist, dürfen auch mit dem E-Scooter befahren werden. Allerdings nur mit Schrittgeschwindigkeit. Ansonsten gelten für die E-Scooter die üblichen Velowege der Städte. Wann ein E-Scooter eine Zulassung für den öffentlichen Straßenverkehr erhält und wann nicht, darüber entscheidet in der Schweiz das Bundesamt für Straßen ASTRA. Das Bundesamt hat strenge Richtlinien für E-Scooter und deren Benutzung außerhalb von Privatplätzen festgelegt.

  • Maximal 48 Volt/500 Watt Leistung
  • Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h (25 km/h mit Tretunterstützung)
  • Anbringung von Rück- und Vorderlicht
  • Anbringung von Bremsen an beiden Rädern

Für alle E-Scooter, die Werte über diese Normen aufweisen, muss beim örtlichen Straßenverkehrsamt eine Typengenehmigung erfolgen. Erst dann kann der Halter eines Elektro-Scooters ein Mofa-Kontrollschild sowie auch eine Mofa-Vignette erhalten und am Straßenverkehr teilnehmen. Da die Typengenehmigung für Privatpersonen oft zu kostspielig wäre, kümmern sich im Regelfall die Hersteller selbst um die Genehmigung, bevor sie das entsprechende Modell auf den schweizer Markt bringen. Für Fahrzeuge dieser Art gilt im Gegensatz zu den leistungsschwächeren Scootern übrigens eine Helmpflicht. 

E-Scooter in den USA: Ein Mosaik der Gesetze

In einem CityLab-Artikel erklärte Jesse Halfon, ein auf Produkthaftung spezialisierter US-Staatsanwalt: „Anfang 2019 wurden in 26 Bundesstaaten mindestens 44 Gesetze für E-Scooter eingeführt. Natürlich bleibt dies ein Rechtsbereich im Wandel.“ Eines der großen Probleme ist, dass die Mitfahrer nicht vor Risiken geschützt sind und, so Halfon, immer noch rechtliche Verpflichtungen gegenüber den E-Scooter-Unternehmen haben, wenn sie die Bedingungen von Nutzervereinbarungen akzeptieren, von denen eine mehr als 18.000 Wörter umfasst.

In New York wurde die Gesetzesvorlage zur Legalisierung von E-Rollern und E-Bikes im Juni im New Yorker Senat und der Versammlung verabschiedet, heißt es in einem Curbed-Artikel. Das Gesetz „wird es den Gemeinden im Bundesstaat erlauben, zu entscheiden, wie sie E-Scooter-Sharing-Programme regulieren wollen“, obwohl eine Vorschrift lautet, dass gemeinschaftliche E-Scooter-Dienste im Bezirk Manhattan noch nicht erlaubt sind.

Unorganisierte Mikromobilität trifft auf Ablehnung bei Bürgern

In Kalifornien waren Bewohner von San Diego wütend, als Hunderte von E-Scootern die Bürgersteige der Stadt überfüllten und sich in Gräben stapelten. Seitdem Roller-Vermietungsfirmen wie Bird, Lime, Razor, Lyft und Jump im vergangenen Jahr in San Diego aktiv wurden und die Zahl der Kick E-Scooter in der Stadt nach einigen Schätzungen auf bis zu 40.000 angewachsen war, haben die Fahrzeuge zu Verletzungen, Todesfällen, Gerichtsverfahren und Vandalismus geführt. Regulatoren und lokale Aktivisten haben sich gegen sie zur Wehr gesetzt. Barbara Bry, ein Mitglied des Stadtrats von San Diego, forderte ein Moratorium für die Nutzung von Elektrorollern. „Meine Wahlkreisbewohner verabscheuen sie ziemlich universell “, sagte sie in einem Artikel der New York Times.

In San Francisco führte die aggressive Einführung von Kick E-Scootern durch drei Start-ups im Jahr 2018 – ohne Genehmigung und ohne Berücksichtigung von Vorschriften – zu großen Problemen beim Parken von E-Scootern und beim unerlaubten Fahren auf Gehwegen. Die Stadt verbot alle E-Scooter-Betreiber mit Ausnahme von Scoot und Skip, denen im Rahmen eines Pilotprogramms befristete Genehmigungen gewährt wurden. Im September 2019 kündigte die San Francisco Municipal Transportation Agency (ESTV) die nächste Phase ihres Powered-Scooter-Programms an und vergab dauerhafte Lizenzen an vier E-Scooter-Unternehmen (Jump, Lime, Scoot und Spin).

In Boulder, Colorado, einer fahrradfreundlichen Stadt mit umfangreicher Infrastruktur zum Radfahren, haben sich Behörden und Bürger dagegen ausgesprochen, dass E-Scooter-Sharing-Anbieter selbst im Rahmen von Pilotprogrammen Dienste anbieten dürfen. Im Mai 2019 erließ die Stadt ein neunmonatiges „Notmoratorium“, das E-Scooter-Betreiber daran hinderte, Lizenzen zu erhalten. „Das Moratorium soll so lange in Kraft bleiben, bis die Stadt die Möglichkeit hat, die Fragen rund um E-Scooter gründlich zu klären, die Gemeinde in Gespräche einzubeziehen und die ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Elektroroller zu erörtern.“

Während Kanada relativ langsam war, die Nutzung von E-Scootern auf seinen Straßen zu ermöglichen, erlaubten die Behörden in Montreal dem Anbieter Lime die Einführung von E-Scooter-Diensten. „Um zu vermeiden, dass die E-Scooter willkürlich abgestellt werden, führte die Stadt ausgewiesene Parkplätze für E-Scooter ein und warnte vor Bußgeldern für Nutzer, die ihre Fahrzeuge wahllos zurücklassen. Aber sobald die Roller zur Verfügung standen, beschwerten sich die Montrealer über die Geräte, die die Bürgersteige der Stadt versperrten.“ Der Bürgermeister der Stadt äußerte Bedenken über die Markteinführung, und die Stadt beschloss, die Erfahrungen von US-Städten zu analysieren, bevor sie schließlich beschloss, die Anzahl der gemeinschaftlich genutzten E-Scooter zu begrenzen.

Proaktive Programme für die Rettung der Mikromobilität

Während sich zahlreiche Städte mit rechtlichen und regulatorischen Fragen auseinandersetzten, forcierten Städte wie Portland (Oregon) und Charlotte (North Carolina), die Genehmigung von E-Scooter-Pilotprogrammen und anderen Maßnahmen, die es E-Scooter-Betreibern ermöglichten, ihre Fahrzeuge und Dienstleistungen kontrolliert einzuführen.

Portland entschied sich schon zu Beginn des E-Scooter-Phänomens, einen proaktiveren Ansatz als andere Städte zu verfolgen. Im Jahr 2018 führte die Stadt ihr E-Scooter-Pilotprogramm ein, um den Bürgern Zugang zu gemeinschaftlich genutzten E-Scootern zu ermöglichen und gleichzeitig die Vereinbarkeit der Geschäftspraktiken für E-Scooter mit den wesentlichen Zielen der Stadt sicherzustellen, um Staus und Umweltverschmutzung zu verringern, Todesfälle und schwere Verletzungen zu verhindern und den Zugang zu Angeboten für unterversorgte Bürger zu verbessern. Die Stadt forderte auch den Datenaustausch mit den Betreibern als eines der Instrumente, um die Auswirkungen von E-Scootern zu bewerten.

Unternehmen wie zum Beispiel MOPRIM stellen Kommunen die nötige Technologie zur Verfügung um den Mobilitätsbedarf der Bürger zu bestimmen und Angebote organisiert anzubieten.

Laut dem Portland Bureau of Transportation (PBOT) brachte dieses Pilotprojekt zufriedenstellende Ergebnisse. "Die Mehrheit der Portlander beurteilte E-Scooter positiv. In einer repräsentativen stadtweiten Umfrage von DHM Research bewerteten 62 Prozent aller Portlander am Ende des Pilotprojekts die E-Scooter positiv. Noch höher war die Unterstützung bei den Portlandern unter 35 Jahren (71 Prozent), bei Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund (74 Prozent) und bei denjenigen mit einem Einkommen unter 30.000 Dollar (66 Prozent).“

Nach dem ersten Pilotprogramm begann Portland 2019 mit einem zweiten, umfangreicheren Pilotprojekt mit einem Paket von staatlichen und lokalen Regeln für E-Scooter-Fahrer und für die Unternehmen, die gemeinschaftliche E-Scooter-Services anbieten.

In Portland gilt neben dem relativ hohen Mindestalter von 16 Jahren, eine generelle Helmpflicht, eine maximale Personenanzahl von einem Nutzer, ein Verbot der Nutzung unter Alkoholeinfluss, wie auch strikte Fahrverbote in den Portland Parks und strenge Richtlinien für das Abstellen der E-Scooter. 

Dylan Rivera, ein PBOT-Sprecher, sagte in einem aktuellen Artikel: „Wir haben einige der umfangreichsten Anforderungen an E-Scooter aller Städte, von denen wir in Amerika gehört haben.“

Charlotte und Chicago: Kollaboration zwischen Stadt, Bürgern und E-Scooter Anbietern 

Nach einem ersten Pilotprojekt im Jahr 2018 verabschiedete die Stadt Charlotte umfassende E-Scooter-Regeln, die die Geschwindigkeit auf 15 Meilen pro Stunde begrenzten, zwei Personen das Fahren auf einem einzigen Roller verbot und E-Scooter-Nutzern das Fahren auf bestimmten Gehwegen untersagte. Anfang 2019 beschloss die Stadt, eine dynamische Preisgestaltung für Elektroroller-Unternehmen zu testen. „Bei dynamischen Preisen könnte die Stadt den Unternehmen mehr oder weniger pro Roller berechnen, je nachdem, ob die Fahrer Sicherheitsvorschriften wie das Tragen von Helmen befolgen und ob die Roller sicher geparkt sind.“ In einem weiteren im Juli 2019 angekündigten Pilotprojekt arbeitete die Stadt Charlotte mit Spin und Passport zusammen, um ein Parkmodell für die Spin-eigene E-Scooter-Flotte zu testen.

In einem weiteren Beispiel einer vorausschauenden Planung bewilligte die Stadt Chicago ein viermonatiges Pilotprogramm zur Beobachtung des Betriebs von und der Nachfrage nach E-Scootern. Die Stadt erlaubte es mehreren E-Scooter-Unternehmen sich zu beteiligen, indem sie ihre Kick E-Scooter in einem bestimmten Pilotgebiet von 17 bis 22 Uhr mit einer Höchstgeschwindigkeit von 15 Meilen pro Stunde und ohne Fahren auf Gehwegen betrieben. Um eine effektive Umsetzung des Pilotprojekts zu gewährleisten, wurde jeder E-Scooter-Betreiber verpflichtet, strenge Regeln zu befolgen. Zum Beispiel mussten Betreiber:

  • auf ihren Websites und Smartphone-Apps eine Sprachausgabe bereitstellen, die die Fahrer über die Stadtbestimmungen informiert (und Fahrer verpflichtet, Regeln zu befolgen, bevor sie einen E-Scooter zur Nutzung freischalten können).
  • sicherstellen, dass E-Scooter-Fahrer die gleichen Parkanforderungen erfüllen wie normale Fahrräder und – bis auf wenige Ausnahmen – keine E-Scooter in Bussen, Bahnen oder Bahnhöfen des öffentlichen Verkehrs mitnehmen.
  • sich verpflichten, Gleichstellungsfragen zu berücksichtigen (z.B. den Zugang zu E-Scootern für Bürger ohne Smartphones und für Bürger ohne Kredit- oder Debitkarte).
  • der Stadt Echtzeitdaten und öffentlich zugängliche Daten über die Verfügbarkeit von E-Rollern und Systemen zur Verfügung stellen.

Außerdem wurden die Anbieter von E-Scootern in Chicago verpflichtet, die Fahrer zu unterweisen, „sich aufmerksam bei der Benutzung öffentlicher Wege zu verhalten und das richtige Parkverhalten zu fördern“ und „auf eigene Kosten einen Marketing- und zielgerichteten Plan für die Öffentlichkeitsarbeit zu implementieren.“

E-Scooter Sharing - Ein Fazit

Obwohl E-Scooter-Sharing eine vielversprechende Mikromobilitätslösung für Städte darstellt, insbesondere im Zusammenhang mit Mobilitätsherausforderungen auf der ersten und letzten Meile, stellt es Stadtverantwortliche und Bürger vor eine Reihe von Herausforderungen:

  • Sicherheitsrisiken für E-Scooter-Fahrer, Fußgänger und andere gefährdete Verkehrsteilnehmer
  • Überfüllung von Gehwegen, städtische Überlastung und Recyclingprobleme
  • Kontroverse hinsichtlich der Nutzung der Mobilitätsinfrastruktur
  • Mangelnde Vorschriften bezüglich E-Scooter-Parkplätzen, Sicherheit, Zulassung und Straßenverkehrsvorschriften
  • Mangelndes Vertrauen zwischen E-Scooter-Betreibern und Städten
  • Fragen bezüglich der Integration von E-Scootern in das urbane Mobilitäts-Ökosystem (einschließlich des fairen Zugangs)
  • Rechts- und Haftungsfragen

Die Städte haben gelernt, dass E-Scooter-Fahrer – auch bei fehlenden Regulierungen und Sicherheitsbestimmungen der Hersteller – trotz Verletzungsrisiken eifrig fahren wollten. Eine Studie des Public Health and Transportation Department in Austin, Texas, in Kooperation mit den U.S. Centers for Disease Control and Prevention ergab, dass „fast die Hälfte der verletzten Fahrer Kopfverletzungen erlitten hat“ und 15 Prozent traumatische Hirnverletzungen hatten. Zu den weiteren schweren Verletzungen gehörten Knochenbrüche, Nerven-, Sehnen- oder Bandverletzungen, schwere Blutungen und anhaltende Organschäden. Die Forscher analysierten auch, wo sich die Personen verletzt haben:

  • Mehr als 50 Prozent der E-Scooter-Fahrer wurden auf Straßen und 33 Prozent auf Gehwegen verletzt.
  • Motorisierte Fahrzeuge waren für 16 Prozent der Verletzungen verantwortlich, aber nur 10 Prozent der Fahrer stießen tatsächlich mit einem Auto zusammen.
  • Zehn Prozent der verletzten Fahrer stießen gegen einen Bordstein, und sieben Prozent trafen auf ein nicht lebendiges Objekt, wie etwa einen Lichtmast oder einen Kanaldeckel.

Stephanie Hayden, Direktorin von Austin Public Health, sagte, dass diese Erkenntnisse die Risiken zeigen, die vom Rollerfahren ausgehen, und erhebliche Auswirkungen auf die Frage haben, welche individuellen Sicherheitsmaßnahmen dazu beitragen können, Verletzungen zu reduzieren.

Die Städte, die sich entschieden haben zu warten (z.B. mit einem Betriebsverbot für E-Scooter-Sharing-Dienste), hatten Zeit, die Auswirkungen von E-Scootern auf ihre Städte zu erörtern, die Situation an anderen Standorten zu beobachten und kommunale Optionen zu bewerten. Städte wie Portland, die einen kooperativeren und proaktiveren Ansatz wählten, konnten die tatsächlichen Auswirkungen von E-Scootern beobachten und Anpassungen in einer Reihe von überwachten Pilotprogrammen vornehmen.

Die meisten Städte sind sich bewusst, dass die Erteilung von Bewilligungen für Pilotprojekte oder andere Genehmigungen für E-Roller zu unvermeidlichen Sicherheits- und Infrastrukturproblemen führen, da nur wenige Städte darauf vorbereitet sind, Kick-E-Scooter auf Geh- und Radwegen oder Straßen einzusetzen. Viele Städte lernten auf die harte Tour, dass E-Scooter-Sharing-Dienste mehr als nur eine kuriose Mobilitätsinnovation bedeuten. Sie haben gelernt, dass diese Dienstleistungen eine potenziell Störkraft sind, die keine offensichtliche „strategische Passgenauigkeit“ zu bestehenden städtischen Verkehrssysteme hat. Da stellt sich die Frage: Wie können Städte und Mikromobilitätsinnovatoren gemeinschaftliche Lösungen erarbeiten?

Jakob Fricke, Direktor für Platform Business Development bei Samsung NEXT, schreibt in Sifted, dass Städte realisiert haben, dass sie „mit privaten Akteuren zusammenarbeiten müssen, wenn sie den Übergang zum klimaneutralen Stadtverkehr beschleunigen wollen“. Fricke gibt Anregungen zu Stadtlösungen für E-Roller (und andere Mobilitätsinnovationen):

  • Städte als Monopole – wo Städte neue Mobilitätsdienste betreiben und diese in ein bestehendes Verkehrsangebot integrieren.
  • Städte als Aggregatoren – wo die Kommunalverwaltungen mehrere Wettbewerber im Rahmen des Mobilitätsangebots der Stadt akzeptieren (mit der Möglichkeit, mit einem Einzelticket oder Abonnement fahren zu können).
  • Städte als Plattformen – wo eine stadtbetriebene unabhängige Plattform für alle Mobilitätsunternehmen bereitgestellt wird, und alle Unternehmen Daten mit der Plattform teilen müssen.

Flexible Mobilität für Bürger & Umsetzungsstrategien für Städte

Ausgehend von den jüngsten Erfahrungen sollten die Städte von proaktivem Handeln in Sachen E-Scooter-Sharing profitieren, z.B. indem sie von denjenigen, die E-Scooter fahren, eine Fahrerlaubnis verlangen und Helme zu tragen. Regulierungen wie eine vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzungen festlegen und Stadtregeln für die Nutzung von E-Scootern auf Straßen und Gehwegen sowie in Parks und Fußgängerzonen durchsetzen; und die Anbieter dazu verpflichten, an der Sicherheitsverantwortung mitzuwirken, Fahrer über Stadtregeln zu informieren und einen angemessenen Zugang zur Benutzung von E-Scootern zu erleichtern. Viele Städte ergreifen Maßnahmen, um die Anzahl der gemeinschaftlich genutzten Elektro-Roller auf den Stadtstraßen zu begrenzen. Es ist aber nicht abzusehen, ob diese Grenzen die breite Anwendung einer potenziell tragfähigen First- und Last-Mile-Lösung beeinträchtigen.

Städte sollten die Möglichkeit in Betracht ziehen, öffentliche Verkehrsmittel und E-Scooter-Sharing mithilfe einer kollaborativen Mobility-as-a-Service (MaaS)-Strategie zu verbinden. Moovel / REACH NOW stellt in Zusammenarbeit mit Tier Mobility eine MaaS-Plattform zur Verfügung, die gemeinschaftlich genutzte E-Scooter in einer multimodalen App einbezieht. „Mit der Integration in die REACH NOW App gehen wir den nächsten großen Schritt in Richtung Verknüpfung von TIER Mikromobilität mit dem öffentlichen Verkehr“, sagte Lawrence Leuschner, Geschäftsführer der TIER Mobility GmbH.

Floatility, ein deutsches Unternehmen, das sowohl ein E-Mobility-Betreiber als auch ein E-Scooter-Hersteller ist, bietet mit seinem ‘E-Floater’ – einem Next-Generation-Dreirad-Roller – eine MaaS-Lösung für Smart Cities an. Sie behaupten, dass dieser „die Zukunft des persönlichen Nahverkehrs ist, der hilft, sich mit den Nutzern des öffentlichen Nahverkehrs zu verbinden.“ Eine Flotte von E-Floatern, die mit einer 24/7-Telematiklösung, leicht austauschbaren Batterien und emissionsfreien Servicefahrzeugen ausgerüstet ist, verbindet sich mit einer Cloud-Softwareplattform und kann in einem stationslosen System oder in Verbindung mit einer Solarladeinfrastruktur eingesetzt werden.

Langfristig sollten Stadtplaner und politische Entscheidungsträger berücksichtigen, dass Disruptionen der urbanen Mobilität in Zukunft aus unerwarteten Ursachen auftreten können (und höchstwahrscheinlich auch werden). Vielleicht wird die nächste Welle von Innovatoren dem Weg der E-Scooter-Vorbilder folgen und aggressiv vorgehen, um Dienste einzuführen, Marktanteile zu gewinnen und später an den Auswirkungen zu feilen.



Thomas Müller, Managing Partner, bee smart city GmbH"Eine der Kernfragen für Stadtplaner ist, wie sich Regeln, Regulierungen und Infrastrukturänderungen für E-Scooter-Sharing auf die nächste Welle der Mikromobilität in Städten auswirken und zukünftige Innovationen erschweren oder fördern könnten"
, erklärt Thomas Müller, Geschäftsführer der bee smart city GmbH.



Das Beispiel E-Scooter und die Art und Weise, wie deren Markteinstieg in Kommunen erfolgte, macht deutlich, dass es eines Regulierungsverfahrens bedarf, welches eine angemessene Antwort auf zukünftige Mobilitätsinnovationen (zulassungsfrei oder nicht) ermöglicht und zugleich verhindert, dass städtische Probleme außer Kontrolle geraten. Das bedeutet, ein kooperatives Gleichgewicht zwischen den Innovationen, die die Fahrgäste brauchen, und den Sicherheits- und Stadtnormen, die die Gesellschaft verlangt, herzustellen.

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Jon Glasco

Jon Glasco is a freelance consultant and writer focused on innovation in smart cities and smart urban mobility. He has experience in executive and consulting roles in the telecommunications, mobile operator, public transport, government and professional service sectors. Jon holds an MBA and Bachelor of Science in Electrical Engineering.

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